Neuer Wohnraum für Studierenden

Status :  Finalist, Invited Competition, 2020
Client : Studierendenwerk Stuttgart AöR
Location : Stuttgart, Germany
Program : Residentail & Public
Site/GFA : 31.870 m² / 11.730 m²
Team : Changhui Ryu, Vanessa Dietz
Collaborator : SAC International, ifb – thal + huber

 

 

 

 

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Leitidee und Städtebauliche Konzeption

Im westlichen Rand des Universitätscampus Vaihingen entsteht ein identitätsstiftender Gebäudekomplex, der ein neues Wohnheim für die Studenten darstellt. Der Entwurf verfolgt das Ziel einen innovativen und zukunftsweisenden studentischen Wohnraum zu gestalten, der die Leitideen einer optimalen städtebaulichen und freiräumlichen Einbindung in die Umgebung, der Schaffung eines funktionalen und architektonischen Mehrwertes, sowie die Erfüllung energetischen und nachhaltigen Bauens verfolgt.
Das Studentenwohnheim soll als Reaktion auf seine homogene Umgebung einen städtebaulichen Akzent setzten. Dies bewirkt der dimensionale Kontrast, durch die Höhe des Bauvolumens, sowie der neue Interpretationsansatz der Bestandsbebauung und der natürlichen Substanz. Durch die Lage am westlichen Rand des Campus Vaihingen als Übergang zum Büsnauer Wiesental und am Ende einer studentischen Wohnlandschaft wird dem Gebäude eine besondere Rolle zugeordnet, auf die es in seiner Kubatur und Gestaltung reagiert und somit neue Impulse auf dem Campus setzt. Seine blockartige Struktur gemäß dem dreieckförmigen Grundstück soll in seiner Mitte einen neuen Ort schaffen und diesen durch die westliche Ausbildung eines Hochpunktes markieren.
Das Studentenwohnheim soll dem studentischen Leben einen Ort der Gemeinschaft und der Kommunikation bieten. Neue Ansätze zur Selbstversorgung werden bereitgestellt. Die grüne Umgebung wird in Form von großen Öffnungen, zahlreichen Terrassen und Dachgärten in das Gebäude gebracht. So werden attraktive Orte der gemeinschaftlichen Nutzung geschaffen, die wesentlich für das studentische Leben sind.

 

Nachhaltiges Freiraumkonzept

Der Freiraum und seine Gestaltung prägen stark den Charakter des Entwurfes. Auf Geländeebene wird zum einen das natürliche Gefälle um und in den Gebäudekomplex hineingezogen. Dabei wird die lockere, natürlich-organische Bepflanzung durch einige Rasensitzstufen und lineare Hecken akzentuiert und leitet so durch die befestigten, platzartigen Terrassen im Hof und im Eingangsbereich über, die durch einen signalhaften Bodenbelag identitätsstiftend für die jungen Bewohner sind mit Möglichkeit zum Skaten und zur freien Raumaneignung (Sitzstufen statt Bänke, usw.).
Im Kontrast zu dieser sehr offenen, einerseits natürlich-landschaftlichen und andererseits urban-zeitgenössischen Freiraumgestaltung im Erdgeschoß sind die Terrassen: Hier haben die Bewohner die Möglichkeit, selbst die Gartenterrassen zu gestalten. Über recht großzügige Holzterrassen mit Sitzgelegenheit, die jeweils einer Wohngemeinschaft zugeordnet sind, werden die Terrassen betreten und bieten dann Möglichkeit, nach „Selbstversogerprinzipien“ von den Studenten gestaltet zu werden. Obstbäume in Ringtrögen und einige Beerensträucherhecken gehören zur Grundausstattung, während die Flächen jeweils von den Studenten frei bepflanzt und bewirtschaftet werden.
Auf konzentriertem Raum werden so die drei Typen der Vaihinger Landschaften erlebbar: der lieblichen, hügeligen Naturlandschaft, der kleinteilig parzellierten, gärtnerisch-landwirtschaftlichen Kulturlandschaft und der zeitgenössisch-modernen Stadtlandschaft. Der Effekt dieses Konzeptes ist, das Studentenleben semester- und fachunabhängig über alle Ebenen miteinander zu verbinden.
Die Terrassen und die Fassaden des Gebäudes spielen auch eine wichtige funktionale Rolle im Regenwassernutzungskonzept: das Wasser der extensiven Gründächer (oberste Etage), der Fassaden und der befestigten Flächen wird in Zisternen gesammelt und kann dann zur Bewässerung der Terrassengärten verwendet werden.

 

Architektonische und gestalterische Konzeption innen und außen

Das gestalterische Konzept leitet sich aus der Staffelung kleinteiliger Volumina ab, die auf die markante Topografie zurückzuführen ist. Diese markieren die einzelnen Wohngemeinschaften, reagieren durch die zahlreichen Vor- und Rücksprünge optimal auf die umgebene, kleinteilige Bebauung und bringen Grünraum im Gebäude unter. Großzügige Öffnungen im Erdgeschossbereich lassen die Natur in den Innenhof. Die Öffnungen sind zur südlichen Straße, zur östlichen Nachbarbebauung und zum Büsnauer Wiesental mit Erschließungswegen entlang der Topografie angeordnet. Sie bestehen aus einem zentralen Haupteingang, der an der westlichen Ecke in Verbindung mit einer einladenden Plattform unter dem südlichen Gebäudeteil steht und zwei dezentralen, separaten Eingängen, jeweils an der süd-östlichen und nördlichen Ecke.
Loggien und die beschriebenen Dachgärten bilden Treffpunkte mit Blick in die Natur und auf den Campus, bieten Platz zum „Urban Gardening“ und zum Verweilen. Die Volumina der gemeinschaftlichen Nutzungen bieten durch Auskragungen den Blick auf das attraktive Nordterrain.

 

Funktionalität und Innovation des Wohnkonzeptes

Der Haupteingang des Studentenwohnheimes befindet sich an der Straßenseite, im Süden des Grundstückes. In diesem Bereich sind auch die gemeinschaftlichen Nutzungen, wie Musik-, Lern-, Gemeinschafts- oder Fitnessräume, sowie die Fahrradabstellräume, Verwaltungsfläche und ein Café angeordnet. Insgesamt gibt es 3 Zugänge zum Gebäude, um eine effiziente Durchwegung zu gewährleisten. In den Erschließungskernen können die Ebenen über Aufzüge mit direktem Blick nach Außen vertikal erschlossen werden. Die transparenten Laubengänge gewährleisten die horizontale Erschließung in Form eines Rundganges und als Zugang zu den gemeinschaftlich nutzbaren Terrassen, die durch die Versätze der einzelnen Module zu Stande gekommen sind. Dieser dient außerdem als täglicher Treffpunkt zur Kommunikation und des Austausches.
Die Wohngemeinschaften orientieren sich stets zum Außenraum und bieten somit den Bewohnern den Blick in die Natur bzw. direktes Sonnenlicht.
Die Innenräume sind klar zoniert. Die privaten Schlafzimmer der Bewohner orientieren sich stets zum Außenraum. Die Wohn-, Koch- und Essbereiche der Wohngemeinschaften stellen teilweise den Übergang zum Laubengang dar. Der angemessene Umgang mit der Anzahl an Sanitärbereichen bzw. mit der Größe der gemeinschaftlich genutzten Räume stellt ein komfortables WG-Leben sicher. Verschiedene Bewohneranzahlen in den einzelnen Kuben bieten vielfältige Wohnformen in dem Studentenwohnheim an.
Eine angemessene Gebäudetiefe und das System der durchgesteckten Volumina, die eine Wohngemeinschaft definieren, ermöglichen eine optimale Belichtung von bis zu vier Seiten. Die Tiefgarage ist durch die südliche Erschließungsstraße, die von Osten Richtung Nordterrain verläuft, befahrbar und erstreckt sich über zwei Untergeschosse, die in die Topografie eingesetzt worden sind. Der Innenhof ist im Notfall über seine großzügigen Öffnungen von Einsatzkräften befahrbar.

 

Materialität

Die Außenfassade folgt einem stimmigen Konzept und ist mit einem matt geschliffenem Aluminium-Blech verkleidet. Dieses verleiht dem Gebäude ein zeitgemäßes Erscheinungsbild und lässt es gleichzeitig in der natürlichen Umgebung nicht zu dominant auftreten. Durch Versatz und Staffelung entstehende Loggien werden mit Kupfer oder optional mit Holzpaneelen verkleidet und markieren somit die gemeinschaftlichen Nutzungen bzw. lassen einen Ort des Wohlfühlens mit Naturblick entstehen. Die Laubengänge werden mit Aluminium-Lamellen und Glas versehen und zeigen indirekt die Bewegung der Studierenden nach außen. Somit schaffen sie eine transparente Schicht zwischen Innen- und Außenbereich. Durch die Lamellenabstände werden die einzelnen gestapelten Kuben betont. Das Erdgeschoss unterscheidet sich durch eine leicht dunklere Materialgestaltung und offenere Fassadengliederung zu den oberen Stockwerken. Die Sockelzone mit ihren Gemeinschaftsräumen unterscheidet sich zu den oberen Stockwerken durch die Verwendung von hellgrauem Beton las Material.

 

Tragwerk

Alle tragenden Bauteile des Gebäudekomplexes werden in Stahlbetonbauweise ausgeführt.
Durch die Verwendung hochfester Betongüten können die Querschnitte und Eigengewichtslasten optimiert und somit der Materialverbrauch reduziert werden.
Die Stahlbetondecken werden im Bereich der gestaffelten Verbindungsriegel auf Stahlbetonstützen gelagert. Die gerasterte Fassade wird über auskragende Decken und leichte Außenwandaufbauten realisiert. Die Stützen im Freien unter den Verbindungsriegeln werden biegesteif, frei bewitterbar und feuerbeständig ausgebildet. Die Tiefgarage wie auch die Erschließungstrakte werden ebenfalls massiv in Stahlbeton hergestellt, die Decken werden auf tragenden und aussteifenden Wänden sowie auf Stützen gelagert und bis in den Baugrund geführt. Um aufwendige Abfangungen zu vermeiden, folgt die Anordnung der Tiefgaragenstellplätze dem Tragwerk, „Fehlflächen“ werden zur Umsetzung alternativer Mobilitätskonzepte zur Verfügung gestellt. Die Gründung erfolgt terrassiert auf elastisch gebetteten Bodenplatten bzw. auf Pfahlgründungen. Erforderliche Gebäudefugen werden anlog den inneren Brandwänden definiert.

 

Brandschutz

Beurteilungsgrundlage ist die LBO für Baden-Württemberg, sowie die MHHR (Muster-Hochhaus-Richtlinie). Zu beurteilen ist ein Ensemble gestapelter Volumina eines Studentenheimes mit Sonderbaueigenschaften. Die Brutto-Grundfläche des Geschosses mit der größten Ausdehnung ist größer als 1.600 m². Daher ist eine Gebäudeeinordnung in GK 3 bis GK 5, Hochhaus, Sonderbau vorzunehmen.
Das Gebäude wird in drei brandschutztechnische Teile untergliedert. Da vereinzelt Wände geschossweise vorspringen, werden hier neben der Geschossdecke auch die Außenwand ober- oder unterhalb des Versprungs feuerbeständig ausgebildet. maximal zulässige Bruttogeschossfläche eines Brandabschnittes wird nirgend überschritten. Alle Rettungswege werden grundsätzlich baulich sichergestellt. Rettungsgeräte der Feuerwehr kommen nicht zum Einsatz. Für den Gebäudeteil über 60 m wird ein Sicherheitstreppenhaus geplant. Die vereinzelte Überschreitung der Anforderungen an die Rettungsweglänge wird durch die einfache, geradlinige Rettungswegführung und die Installation geeigneter Alarmierungsanlagen (Hausalarm) kompensiert. In allen Gebäudeteilen werden über die Anforderungen hinaus alle tragenden und aussteifenden Bauteile feuerbeständig ausgeführt. Putze, Bekleidungen, Unterdecken, Dämmstoffe und Einbauten in Rettungswegen werden aus nichtbrennbaren Baustoffen, Bodenbeläge, schwerentflammbar hergestellt.  Zur Entrauchung der Treppenhäuser, genügen Rauchableitungsöffnungen in den Dächern mit einer freien Öffnungsfläche von 1,0 m² oder Fenster und Türen mit einer freien Öffnungsfläche von insgesamt 2 % der Grundfläche. Die Rauchableitung über (feuerbeständige) Schächte mit strömungstechnisch äquivalenten Querschnitten ist zulässig. Aufenthaltsräume und Rettungswege werden wie in der LBO für Baden-Württemberg §15 (7) gefordert mit Rauchwarnmeldern ausgestattet.


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