Schieferbuckel Reutlingen

Status : Invited Competition, 2018
Client : Stadt Reutlingen
Location : Reutlingen, Germany
Program : Masterplan & Residential
Size : 43.800 m²(Ost), 38.300 m²(West)
Team : Hanyoung Lee, Sara Faraone
Collaborators : Sichtfeld Landschaftsarchitektur

 

 

 

Schieferbuckel Promenade als Lebensader

Auf dem Entwicklungsgebiet „Schieferbuckel“ im Norden von Reutlingen entsteht ein lebendiges Quartier, das die vorhandenen hochwertigen Grünstrukturen und die Topografie sich zum Vorteil nimmt. Das ersichtliche Potential des Ortes für qualitatives aber bezahlbares Wohnen wird ausgeschöpft und in die Planung integriert. Neben der Qualität der Lage ist die Qualität des gemeinschaftlichen Zusammenlebens für den Erfolg des Quartiers von großer Bedeutung. Eine hohe Aufenthaltsqualität in den Freiräumen spielt eine wichtige Rolle, ebenso wie die Verbindung von Urbanität und Grün. Das Konzept schafft ein generationsübergreifendes sozialgemischtes aktives Quartier, dass Gemeinschaft, Kommunikation und Identität fördert und somit die Voraussetzung für eine hohe Wohn- und Lebensqualität im Quartier erzeugt.

 

Städtebau

Das städtebauliche Konzept im Wettbewerbsgebiet nimmt das Motiv der zentralen Promenade aus dem Quartier Sickershäuser Berg auf und führt dieses in den östlich und westlich angrenzenden Quartieren fort. Die so entstehende durchgängige Ost-West-Verbindung schließt die neuen Quartiere an die westliche Nachbar-Siedlung und den östlich liegenden Grünzug mit seinen sozialen Schul-, Sport- und Veranstaltungsangeboten an. Als weitgehend hangparalleler Raum bietet sie eine bequeme Fuß- und Radwegeverbindung mit nur geringen Steigungen.

Diese neue zentrale Schieferbuckel Promenade bildet den zentralen öffentlichen Aufenthalts- und Kommunikationsraum aller Teilquartiere. In allen drei Teilquartieren weitet sie sich zu Quartiersplätzen, die Raum für gemeinsame Aktivitäten und gelebter Nachbarschaft bieten. Mehrere untergeordnete Fußwegeverbindungen bilden Anbindungen auch in Nord-Süd-Richtung.

Das Quartier West ist mit diesem zentralen Raum über eine Brücke über den markanten grünen Hang hinweg verbunden. Hier verspringt die Promenade über einen Nord-Süd-ausgerichteten Quartiersplatz und wird bis an den von Westen kommenden bestehenden Fußweg aus dem Quartier um die Theodor-Fischer-Straße angebunden. In Richtung Osten verbindet die Promenade von der zentralen Piazza aus über das geplante „Sickerhäuser Berg“ Quartier, das Quartier Ost mit dem Grünzug und seinen Bildungs- und Sportangeboten.

Als „shared space“ dient der Promenadenraum dabei nicht nur als öffentlicher Aufenthaltsraum, sondern erschließt auch jeweils quartiersbezogen die innenliegenden Baufelder. Im Quartier West gruppieren sich die Wohngebäude um jeweils einen gemeinsamen Erschließungshof, der an die westlich geführte Haupterschließung angebunden ist. Grüne Gemeinschaftsbereiche wechseln sich ab mit Erschließungsstraßen. So werden private und öffentliche Bereiche klar definiert. Die privaten Freiflächen orientieren sich dabei konsequent zur Südseite. Im Quartier Ost lagern sich direkt an die Promenade ein Kinderspiel- und Gemeinschaftsgartenbereich an, die von den kompakteren dichteren Baustrukturen zum Grünzug überleiten. Auch hier bilden die Wohngebäude gemeinsame Innenhöfe als halböffentliche Bereiche aus. Ein kleiner grüner Übergang verbindet die zwei Gebiete und verbreitet sich ab dem Wohngebiet zu einer repräsentativen Promenade. Ein attraktiver Übergang von der Bushaltestelle zu den Wohngebieten wird geschaffen.

Über den Quartiers-Spielplatz Ost hinaus sind Spielangebote dezentral entlang der Promenade und in den Gemeinschaftshöfen vorgesehen. Die Skateranlage wird an die Westfassade des neuen Parkhauses in die Nähe der Schulstandorte verlagert. Die Promenade ist vollständig vom motorisierten Verkehr befreit. Sie beginnt östlich von der Eishalle und verläuft sich westlich in die Wohnbezirke aus.

 

Plangebiet West_Quartier Mitte und West

Das Plangebiet West gliedert sich in das Quartierzentrum Mitte und das Quartier West. Die umliegenden Bewohner haben nun die Möglichkeit im Zentrum sich zu treffen und einzukaufen.

Die Stadt der kurzen Wege erleidet keine langen Wege mehr zu den alltäglichen notwendigen Funktionen. Als klar gefasster Raum bietet die Piazza (Forum) im Quartier Mitte darüber hinaus aufgrund ihrer anliegenden Angebote auch einen Identifikations- und Treffpunkt für die Bewohner der nördlich anschließenden bestehenden EFH-Siedlung.

Dieses Zentrum konzentriert die Mehrzahl öffentlicher Nutzungen (KITA, Stadtteilzentrum, Pflegheim etc.) mit Supermärkten und weiteren Dienstleistungen. Ein 12-geschossiges Hochhaus umfasst ein Studentenheim, ein Boardinghaus, Seminarräume, einen Studentenclub, einen Fitness Center und markiert einen städtebaulichen Akzent. Es wird das neue Wahrzeichen des neuen Quartiers. Die südliche Bebauung an der Schieferstraße ist geschlossener aufgrund der erhöhten Lärmbedingungen. Im Norden ist die Bebauung kleinteiliger gegliedert im überwiegend villenartigen Gebäudekomplex und passt sich den nördlichen Wohnvierteln an. Die unterschiedlichen Dachlandschaften bilden einen spannenden identitätsstiftenden Charakter des Zentrums.

Geografisch teilt sich Quartier West von Quartier Mitte. Die angenehm sinkende Topografie (ca.6,7 Grad), bietet die Möglichkeit, das Gebiet terrassenartig als eine schöne Wohnanlage auszubilden, wo Vegetation und Sonne sich entfalten können. Die Reihenhäuser für Familien und Geschosswohnungen als Punkthäuser dominieren hier. Die Wohnungen sind so gegliedert, dass die Belüftung auf der lärmbelasteten Seite durch lärmschutzverglaste Wintergärten und Küche geschieht. Die eingeschnittenen Terrassen und schräge Dachneigungen passen sich den umliegenden Bebauungen an. Die Erschließung des Quartiers erfolgt durch die von Süd nach West verlaufende neue Planstraße. Die Bewohner haben die Möglichkeit teils im Erdgeschoss teils unterhalb der Terrassen zu parken.

 

Plangebiet Ost_Quartier Ost

Das Quartier gliedert sich in zwei Teile. Der östliche Teil ist von Sonderbauten geprägt, z.B. die Eishalle und das Albert-Einstein-Gymnasium. Durch die Einfügung einer Mehrzweckhalle südlich der Eishalle an der Kreuzung Rommelsbacher Straße, bekommt der Kopfbereich ein neues willkommenes Gesicht und fungiert als Auftakt zum langgestreckten Plangebiet. Die Eishalle erfährt eine Erweiterung mit einem integrierten öffentlichen Parkhaus und Mietstellplätze für das benachbarte Autozentrum. Die Erweiterung, die Eishalle und das Gymnasium formen einen gemeinsamen Vorplatz. Diese öffentlichen Gebäude bilden bauliche zusammenhängende Strukturen, wie eine Perlenkette.

Im Westen entsteht ein wohngeprägtes Areal. Es grenzt sich mit einem gewissen Abstand von dem Sondergebiet ab mithilfe eines grünen Parkbandes. Auf der lärmbelasteten Seite wird ein Studentenheim mit ca. 60 Zimmer und Stadtteilbibliothek in einem Block an der südwestlichen Ecke vorgeschaltet. Das Studentenheim beugt dem Lärm vor mithilfe von Laubengängen, Wintergärten in jedem Zimmer und Gemeinschaftsräume an den Eckbereichen des Baus. Unterschiedliche Wohntypen bilden gemeinsam eine offene Blockstruktur, die die soziale Mischung aus Familien, Senioren und jungen Leuten unterstützt. Die Wohnungen für Menschen in Flucht werden in den drei Quartieren verteilt um eine soziale Mischung zwischen Generationen und unterschiedlicher Herkunft zu herzustellen. Die offenen Blöcke bilden lebendige öffentliche Außenräume und zugleich ruhige Wohnhöfe für Rückzugsmöglichkeiten der Bewohner. Durch eine automatisierte Quartiersgarage bleibt das Viertel hauptsächlich frei von motorisiertem Verkehr.

 

Ökologie und Nachhaltigkeit

Die bestehenden Grünzüge entlang der Hangkante des Gebietes werden weitmöglich erhalten und vor zu intensiver Nutzung geschützt. Zwischen den Schul- und Sportangeboten und der neuen Multifunktionshalle und den neuen Wohngebieten wird ein Grünzug freigehalten – den Siedlungsrand bilden hier Obstbaum-Gruppen, die die bestehenden wertvollen Hecken-Standorte um ein neues wertvolles Habitat ergänzen. Im Bereich West bildet die Obstbaum-Gruppe den südlichen Siedlungsabschluss.

Entlang der Erschließungsstraße rahmt eine Baumreihe aus Alnus Spaethii (Purpur-Erle) die Quartiere West und Mitte und bildet einen markanten Abschluss zwischen dem Siedlungsgebiet und den südlich anschließenden Verkehrs- und Gewerbebereichen.

Regenwasser der Dächer und befestigten Oberflächen wird, soweit nicht durch Gründächer aufgenommen, im Quartier Ost in einem abgesenkten Bereich der Promenade und den Gemeinschaftshöfen zurückgehalten und in den bestehenden Wassermulden des südlichen Gehölzzuges versickert. Im Quartier West wird aufgrund der Topographie die Möglichkeit für unterirdische Zisternen genutzt, das Regenwasser gesammelt und z.B. zur Gartenbewässerung verwendet.

Wenige Versiegelungen und begrünte Terrassen ermöglichen einen ausreichenden Klimaschutz. Mind. 50 % der Dachflächen werden für Photovoltaik genutzt um den Primärenergiebedarf zu sinken. In den Garagen werden Ladestationen zur Elektromobilität bereitgestellt. Durch Solarthermie wird Wärme gewonnen, die in das Wärmenetz des Plangebietes zugespeist wird. Zusätzlich wird das Gebiet in den Rücklauf der Fernwärmeleitung eingebunden und kann die vom Rücklauf vorhandene Wärme nutzen.


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